Die Neuauflage des „Bündnisses für das Wohnen in Hamburg“ ist frisch unterschrieben. Als Erfolg verbuchen die beteiligten Verbände der Wohnungswirtschaft die Einbeziehung der Bezirke. Nicht erfolgreich hingegen waren die Verhandlungen zwischen Senat und Verbänden zum 2015 vereinbarten Gutachten zur Überprüfung der Mietpreisbremse in den einzelnen Stadtteilen. Das wird es nicht geben.
Ein Jahr haben die Verhandlungen zwischen dem rotgrünen Senat und den Verbänden der Wohnungswirtschaft – VNW, BFW Nord und IVD Nord – gedauert. Geschuldet ist die lange Verhandlungsdauer dem Dissens über das Gutachten zur Entwicklung der Wohnungsmärkte in den einzelnen Stadtteilen. Dieses Gutachten war vor Einführung der Mietpreisbremse zum 1. Juli 2015 vereinbart worden. Es sollte im Nachhinein stadtteilweise prüfen, ob die Entwicklung der Mieten die Einführung der Mietpreisbremse rechtfertigt. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt hatte zugesagt, in Teilmärkten die Mietpreisbremse wieder zurückzunehmen, sollte das Gutachten zu einem entsprechenden Ergebnis kommen.
Kein Konsens zum Gutachten
Im Rückblick nicht ganz überraschend hatten die Verhandlungspartner seitens des Senats mit Blick auf das erwünschte Ergebnis eine andere Kriteriensetzung vor Augen als die Wohnungswirtschaft. Der Senat habe die Mietentwicklung der Hamburger Stadtteile in Beziehung setzen wollen mit der deutschlandweiten. „Da ist auch Wanne-Eickel dabei“, kritisierte Dr. Verena Herfort, Geschäftsführerin des BFW Nord. „Das macht keinen Sinn. Wir hätten als Bezugsgröße ganz Hamburg oder die Mietentwicklung in den Top-Metropolen akzeptiert.“
Zudem habe der Senat die Entwicklung der Mieten auf Basis der Angebotsmieten prüfen wollen, ergänzte Carolin Hegenbarth, Geschäftsführerin des IVD Nord. „Da gibt es doch ein erhebliches Delta zu den tatsächlich erzielten Mieten.“
Sönke Struck, Vorsitzender des BFW Nord, ist verärgert. „Wir hatten uns auf die Zusage des Senats verlassen und ein objektives Mietgutachten erwartet. Nach zahlreichen Sitzungsrunden war klar erkennbar, dass es keinen gemeinsamen Nenner mit der Stadt für ein wissenschaftliches Gutachten geben konnte. Auf ein politisch geleitetes Gutachten konnten und wollten wir uns nicht einlassen.“
Grundeigentümerverband kritisiert Beteiligung der Verbände
Der Grundeigentümerverband, der mit Einführung der Mietpreisbremse das Bündnis verlassen hatte, zeigte sich irritiert, dass sich die Wohnungsverbände unter diesen Umständen überhaupt auf ein neues Bündnis einließen. „Mit der Einführung der Kappungsgrenze und dann der Mietpreisbremse hat der Senat wenig Rücksicht auf die Interessen der Wohnungswirtschaft genommen“, erklärte Geschäftsführer Torsten Flomm. „Das sehen die anderen Verbände offensichtlich anders.“
Das sei beim VNW wenig verwunderlich, da dieser operativ wenig mit der Mietpreisbremse zu tun habe. „Allerdings habe ich überhaupt kein Verständnis für eine erneute Beteiligung von BFW und IVD. Vor allem der IVD müsste massiver gegen die Mietpreisbremse vorgehen.“
Bezirke sind künftig Bündnispartner
Die kritisierte Branchenlobby hingegen reklamiert als Erfolg die Einbeziehung der Bezirke als Bündnispartner. Gerade in den vergangenen Monaten stand seitens der Wohnungswirtschaft das Tempo der Bezirkssachbearbeiter bei Baugenehmigungen im Fokus der Kritik.
„Ohne die Beteiligung der Bezirke wäre das Bündnis nur halb so stark“, betonte Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen. „Die Bündnisvereinbarungen sind somit für Senat und Bezirke bindend. Alle werden stärker in die Pflicht genommen.“

Baugenehmigung für 10.000 Wohnungen jährlich
Im Vertragstext, der am 7. Juni unterzeichnet wurde, sind jährlich 10.000 Baugenehmigungen festgelegt, davon 3.000 für öffentlich geförderte Wohnungen. Auf privaten Grundstücken ist der Anteil von Sozialwohnungen auf maximal 30% beschränkt. Die Quote gilt nur für Bauvorhaben ab 30 Wohneinheiten. Sollten durch Befreiungen vom geltenden Baurecht mehr Wohnungen genehmigt werden, gilt die 30%-Quote nur für die zusätzlich genehmigten Wohneinheiten.
Zudem hat der Senat im Bündnisvertrag zugesichert, bis zum Ende der Legislaturperiode die Grunderwerbssteuer nicht zu erhöhen. Auch soll der Mietenspiegel 2017 neu ausgeschrieben und erarbeitet werden. Festlegungen gibt es zum Erhalt der Backsteinfassaden.
Kein Konsens beim Klimaschutz
Ebenfalls kein Konsens konnte beim Klimaschutz zu den Werten für die bis 2020 zu erreichenden Endenergieverbräuche erzielt werden. Während die Wohnungswirtschaft die Ansätze der vergangenen Legislaturperiode – Verringerung der durchschnittlichen Endenergieverbräuche ohne Warmwasser bis 2020 auf 133 kWh/a/m2 Wohnfläche und einer Senkung des jährlichen CO2-Ausstoß im gleichen Zeitraum auf 25,0 kg je Quadratmeter Wohnfläche – fortschreiben möchte und jede Verschärfung über die EnEV 2016 hinaus ablehnt, möchte der Senat teils ambitioniertere Ziele anstreben: die Verringerung durchschnittlichen spezifischen Endenergieverbräuche inklusive Warmwasserbereitung bis 2020 auf 128 kWh/a/m2 Wohnfläche und die Senkung des jährlichen CO2-Ausstosses im gleichen Zeitraum auf 29 kg/a/m2.
Lösung: „Die Bündnispartner vereinbaren hierzu ein transparentes Verfahren zur Ermittlung von Kosten und Wirkungen der verschiedenen Maßnahmen im Bestand und im Neubau.“
Bündnis kann an Maas scheitern
„Der Erfolg des Bündnisses hängt wesentlich auch von der Entwicklung der Mietrechtsreform II ab“, betont Hegenbarth. So ist der Vertrag auf Seite 24 unter einen Vorbehalt gestellt: „Sollten sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf eine Verschärfung des Mietrechts oder der energetischen Verordnungen gravierend ändern, so behalten sich die wohnungswirtschaftlichen Verbände vor, … einzeln oder gemeinsam den Bündnisvertrag zu beenden.“
Eine Klippe zur Unterzeichnung des Vertrags innerhalb des Senats wurde im Mai überwunden. Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hatte in Aussicht gestellt, – anders, als Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt, Sozialsenatorin Melanie Leonard und Wirtschaftssenator Peter Tschentscher – den Vertrag nicht zu unterzeichnen, da der Umweltschutz hier nicht genügend Berücksichtigung finde.
Aus Grundsteuer wird Natur-Cent für den Naturschutz
Der Natur-Cent löst das Problem. Werden Flächen neu für den Wohnungsbau erschlossen, wie Acker- oder Grünflächen, fließt die hieraus erwachsende Grundsteuer in ein Sondervermögen „Naturschutz und Landschaftspflege“. Um auch die Flächen des Expresswohnungsprogramms „Flüchtlingsunterbringung Perspektive Wohnen“ miteinzubeziehen, gilt der Natur-Cent rückwirkend zum 1. Januar 2016.
Für das laufende Jahr rechnet der Senat mit einem Aufkommen von etwa 1 Mio. Euro. Bauherren werden durch den Natur-Cent nicht belastet, da er nicht zusätzlich erhoben wird, sondern zugunsten des Sondervermögens umverteilt wird.