Nl Feb17 Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof: Bestimmung der richtigen Miete bei Vorenthaltung der Wohnung

Urteil des BGH vom 18.01.2017 (VIII ZR 17/16)

Während eines bestehenden Mietverhältnisses ist die Pflicht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Miete eine der Hauptleistungspflichten des Mieters. Gerade bei seit langer Zeit laufenden Mietverhältnissen entspricht die vertraglich vereinbarte Miete aus vielerlei Gründen nicht (mehr) der orts- oder marktüblichen Miete. Während eines Mietverhältnisses sind die Möglichkeiten zur Anpassung der Nettokaltmiete begrenzt und führen häufig nur zu marginalen Erhöhungen. Wenn es dann jedoch zu einer Kündigung (durch den Vermieter) kommt und der Mieter gleichwohl nicht auszieht, sodass ein Räumungsrechtsstreit erforderlich ist, verlangen viele Vermieter weiterhin die möglicherweise bereits vor vielen Jahren vereinbarte Nettokaltmiete. Gemäß§ 546a Abs. 1 BGB kann der Vermieter jedoch für die Dauer der Vorenthaltung, also den Zeitraum, welcher zwischen Beendigung des Mietverhältnisses und tatsächlicher Räumung liegt, entweder die bislang vereinbarte Miete weiter fordern oder aber die Miete verlangen, welche für vergleichbare Sachen ortsüblich ist. Der BGH hat sich mit der Frage befasst, welche Miete in diesem Fall der Vorenthaltung verlangt werden kann und er hat entschieden, dass vom Vermieter die Miete verlangt werden kann, welche im Falle einer Neuvermietung zu zahlen wäre. Zwar ist auch insoweit (beispielsweise in Hamburg) die Mietpreisbremse zu beachten, allerdings bestehen im Weiteren keine Einschränkungen. Insbesondere ist der Vermieter nicht verpflichtet, lediglich die Miete zu verlangen, welche bisher geleistet worden ist oder im Rahmen einer im laufenden Vertrag möglichen Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete entspricht, sondern die Miete, welche bei einer Neuvermietung maximal zulässig wäre. Nach dem BGH ist es im Übrigen auch irrelevant, ob die Wohnung nach Rückgabe weitervermietet oder aber vom Vermieter selbst genutzt werden soll (Eigenbedarf). Es ist auch nicht entscheidend, ob die verlangte Miete im Falle einer Weitervermietung erzielt werden kann, vielmehr ist entscheidend, dass die zu verlangende Miete dem ortsüblichen Mietniveau entspricht.

Sofern der Fall vorliegt, dass ein Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung nicht räumt, sollte der Vermieter in jedem Fall prüfen (lassen), ob die bis zur Beendigung geleistete Miete der ortsüblichen Marktmiete entspricht oder nicht. Parallel zu einem gerichtlichen Verfahren auf Räumung sollte dann dem Mieter mitgeteilt werden, welche Nettokaltmiete zuzüglich Vorauszahlungen er ab dem Tag nach Beendigung (Kündigungszeitpunkt) zu leisten hat. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verjährungsfristen ist auch noch eine rückwirkende Anpassung möglich. Dieser Weg sollte insbesondere deshalb beschritten werden, weil Räumungsrechtsstreitigkeiten durch mehrere Instanzen und mit sich dann ggf. anschließenden Räumungsfristen sehr schnell auf einen Zeitraum von zwei Jahren und mehr belaufen können. Über die Geltendmachung der ortsüblichen Marktmiete könnte der Vermieter dann finanzielle Schäden gering halten und würde einen angemessenen Ausgleich für die Vorenthaltung seines ehemaligen Mieters erhalten.

von RA Wolf-Holger Mitsching

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