Immobilienwirtschaft
Die Grunderwerbsteuer wird nicht erhöht, so Olaf Scholz, doch die Mietpreisbremse soll flächendeckend eingeführt werden in Hamburg.
Die Grunderwerbsteuer in Hamburg wird nicht erhöht. Das erklärte der Erste Bürgermeister Olaf Scholz auf dem ZIA-Frühjahrsempfang. Scholz fordert dafür von der Wohnungswirtschaft weiterhin „Performance“ beim Wohnungsbau. Kritik am Bürgermeister gibt es für die geplante flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse. Revolutionäre Veränderungen der Stadtentwicklungspolitik samt Wohnungsbau sind von der rot-grünen Koalition nicht zu erwarten.
Der Erste Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz, ist zum dritten Mal Gastredner beim Jahresempfang des ZIA Nord. Dieses Mal kommt Scholz während der Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. Bei Sekt und Selters bestimmen zwei Themen die Wartezeit im Foyer des Museums für Hamburgische Geschichte:
1. Nutzt die SPD die Verhandlungen mit den Grünen, um für die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ein Alibi zu haben – Wahlversprechen hin oder her?
2. Welche Partei führt künftig die Behörde für Stadtentwicklung, die bisher mit Umwelt und Verkehr kombiniert ist?
Scholz hält die Spannung hoch
Erst gegen Ende seines rund 45 Minuten dauernden, frei gehaltenen Vortrags zu Themen der Stadtentwicklung und Immobilienwirtschaft leitet Scholz das Thema 1 ein. „Ich bin schon ziemlich stolz, dass unter einem sozialdemokratischen Senat die Grunderwerbsteuer nicht erhöht wurde.“
Bis jetzt, denn die Linke habe jüngst in einer Kleinen Anfrage ermitteln lassen, wie hoch das Einnahmepotenzial wäre, wenn die Grunderwerbsteuer von 4,5% auf 6,5% erhöht würde – auf das Niveau im benachbarten Schleswig-Holstein. „160 Mio. Euro.“ Scholz macht eine Spannungspause. „Aber: Das tun wir nicht.“
Gegengeschäft: Performance beim Wohnungsbau
Spontaner Applaus von den 170 ZIA-Gästen. Tatsächlich liegt der potenzielle Einnahmeverlust noch über den auf Basis der Verkäufe von 2014 errechneten 160 Mio. Euro. Weitere Millionen verliert Hamburg im Rahmen des Länderfinanzausgleichs. Hier werden Einnahmen durch die Grunderwerbsteuer auf Basis des durchschnittlichen prozentualen Hebesatzes aller Bundesländer ermittelt – so dass Hamburg Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe zugerechnet werden, die aufgrund des niedrigen Satzes gar nicht eingenommen wurden.
Scholz ergänzt darum auch deutlich, auf welcher Basis eine stabile Grunderwerbsteuer gilt: „Nur der Erfolg beim Wohnungsbau ist der Grund für die Nichterhöhung. Sie müssen weiter für Performance sorgen. Das ist das Gegengeschäft.“
Hamburgweite Einführung der Mietpreisbremse
Ob die Wohnungswirtschaft hier begeistert zustimmt, muss angesichts der aktuellen Diskussionen im Bündnis für das Wohnen bezweifelt werden. Scholz hatte bei Günther Jauch die hamburgweite Einführung der Mietpreisbremse verkündet. Andreas Mattner, ZIA, verwies gegenüber Scholz darauf, dass nur 25% des Hamburger Stadtgebiets von Angebotsmieten über 9 Euro/m2 betroffen seien und nur 10% von Angeboten über 11 Euro/m2.
Der Grundeigentümerverband Hamburg hatte gar seinen Rückzug aus dem Bündnis für das Wohnen in Aussicht gestellt, da es zur hamburgweiten Einführung keine Diskussion im Bündnis gegeben habe. Der BFW Nord plant keinen solchen Schritt, doch Geschäftsführerin Verena Herfort betont: „Eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Teilmärkte in Hamburg halten wir auch für richtig“.
Rot-grün in Sachen Stadtentwicklung einig
Welche Partei künftig das Ressort Stadtentwicklung regiert, verriet der SPD-Verhandlungsführer an diesem Abend nicht, doch die Verhandlungsergebnisse zum Thema bergen offensichtlich wenig Sprengstoff.
„Die Stadt wird weiter wachsen“, erklärte die grüne Landesvorsitzende Katharina Fegebank. „Es werden also weiter Wohnungen in ganz erheblichem Umfang gebaut werden müssen. Da gibt es keine Differenzen.“ Der Wohnungsbau solle flächenschonend geschehen sowie grüne Ringe, Landschaftsachsen und der Biotopverbund verschont werden. „Letztlich geht es um bezahlbaren Wohnraum. Das treibt uns um.“
Ziel bleibt, 6.000 Wohnungen jährlich
Auch die SPD bestätigt, dass man sich in den Bereichen Stadtentwicklung und Wohnungsbau einvernehmlich auf die Fortsetzung des Wohnungsbaus im bisherigen Umfang geeinigt habe. „Das Ziel bleibt, 6000 Wohnungen pro Jahr in Hamburg neu zu bauen, 2000 davon mit Sozialbindung.“ Zudem habe man sich auf verstärkte Hilfen für Menschen in Notlagen verständigt.
Scholz erklärt beim ZIA, bis Anfang der 2020er Jahre die Zahl der Wohnungen von heute etwa 945.000 auf eine Million erhöhen zu wollen. „Wir können in wachsendem Maße die Nachfrage besser bedienen. Aber ob das angesichts des Zuzugs ausreicht, wage ich nicht zu prognostizieren.“ Hamburg werde auch nach einer Verdichtung relativ wenig dicht besiedelt sein.
Mehrgeschossige Gewerbebauten wie Meistermeile
Um Fläche zu sparen, regt der Sozialdemokrat den Bau mehrgeschossiger Gewerbebauten an, entsprechend dem Handwerkerhof am Offakamp in Eimsbüttel, der für 50 Mio. Euro in Kooperation von Stadt und Handwerkskammer als „Meistermeile“ entstehen soll. Mit dem Konzept sollen Handwerks- und Gewerbebetriebe in der Stadt gehalten und zugleich Fläche gespart werden. Solche Flächen seien zwar teurer, „aber dafür gibt es einen ausreichenden Pool an Arbeitskräften. Solche Konzepte zu vermitteln, ist Ihre kreative Aufgabe“, spricht Scholz die anwesenden Entwickler an – und auch die Banken. „Das geht nur, wenn auch die finanzierenden Banken glauben, dass es geht.“
Bis Anfang der 2020er Jahre möchte Scholz den Hamburger Wohnungsbestand auf eine Million erhöhen – heute sind es 945.000 Wohnungen.
Die Themen April 2015
- Immobilienwirtschaft: Grunderwerbsteuer bleibt bei 4,5 %
- Mietrecht: Schönheitsreparaturen und kein Ende
- Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz: Steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen zunächst gescheitert
- Werbungskosten bei Leerstand: Einkünfteerzielungsabsicht bei langjähriger Generalsanierung von leerstehenden Wohnungen
- Smart City auf der Cebit: „Digitale Reorganisation der bestehenden Stadt“
- Novellierung der Kampfmittelverordnung: Schneller und günstiger Bauen – aber mit Risiko?