Ordnet eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (im Normalfall eine Gemeinde) die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück auf sich selbst gegen Zahlung einer Entschädigung an, enteignet sie also den Grundstückseigentümer, ist ein hieraus erzielter Gewinn nicht steuerpflichtig. Von RA Jens Scharfenberg
Der Kläger hatte im Jahr 2005 das Alleineigentum an einem unbebauten Grundstück erworben. Im Jahr 2008 führte die Stadt ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ in Bezug auf das Grundstück einen sog. Sonderungsbescheid gegenüber dem Kläger, infolgedessen das Eigentum auf die Stadt übergehen sollte.
Als Entschädigung für den Eigentumsübergang zahlte die Stadt einen Betrag von 600.000 Euro an den Kläger.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Enteignung des Grundstücks durch die Stadt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft darstelle, da zwischen Erwerb und Enteignung weniger als zehn Jahre vergangen waren und deshalb ein Veräußerungsgewinn von rund 175.000 Euro von den Klägern zu versteuern sei.
Das FG Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die hoheitliche Übertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück auf die Stadt nicht als Veräußerungsgeschäft anzusehen sei. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft setze voraus, dass die Eigentumsübertragung auf eine wirtschaftliche Betätigung des Veräußernden zurückzuführen ist. Hierzu muss ein auf die Veräußerung gerichteter rechtsgeschäftlicher Wille des Veräußernden vorhanden sein, der bei einer Enteignung aber fehle.
Das FG Münster hat die Revision zugelassen. Es ist also denkbar, dass der Bundesfinanzhof anders entscheidet.
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