Das Hamburger Expresswohnungsprogramm ist im Verzug. Von den ursprünglich geplanten 5.600 Wohneinheiten, die bis Ende 2016 fertig sein sollten, werden nur noch 2.300 gebaut. Davon werden bis Ende dieses Jahres höchsten 1.500 Wohnungen bezogen sein. Jeweils etwa 40% der Wohnungen werden von der Saga und der PGH/FeWa gebaut.
Der Zuzug von Flüchtlingen nach Hamburg hat sich seit dem März 2016 deutlich reduziert. Wurden im Januar und Februar 2016 noch 4.676 Flüchtlinge Hamburg zugewiesen, davon 4.178 mit Unterbringungsbedarf, waren im Januar und Februar dieses Jahres noch 572 geflüchtete Menschen unterzubringen – von 928 Hamburg Zugewiesenen.
Ende Februar lebten 32.700 Menschen in Erstaufnahmen und Folgeunterkünften, davon 7.454 Menschen in 31 Erstaufnahmeeinrichtungen sowie 670 in früheren Baumärkten und Hallen. In den 119 Folgeunterkünften sind mehr als 25.200 Flüchtlinge untergebracht.
Zunächst: 5.600 Wohnungen für 25.000 Menschen
Um dem Zuzug nicht nur von Flüchtlingen langfristig begegnen zu können, hatte der Hamburger Senat Anfang Oktober 2015 das Programm „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ verabschiedet. Jeder Bezirk hatte einen Standort für rund 800 Wohneinheiten auszuweisen. Geplant waren insgesamt 5.600 Wohnungen für 25.000 Geflüchtete.
Diese Wohngebäude sollten zunächst mit den Möglichkeiten des novellierten § 246 des Baugesetzbuches (BauGB) als Flüchtlingsunterkünfte entstehen und anschließend im Rahmen einer konventionellen Baurechtsschaffung als normale, öffentlich geförderte Wohnungen genehmigt werden.
Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“
An den geplanten Standorten bildeten sich rasch Bürgerinitiativen, die sich im Januar 2016 zum Dachverband „Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg“ zusammenschlossen. Sie wie auch Stadtplaner und Architekten kritisierten die geballte Ansiedlung von Flüchtlingen in Großsiedlungen als integrationshemmend.
Nachdem aus den Bürgerinitiativen eine Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ entstand, die einen Volksentscheid für Unterbringung und Integration von Flüchtlingen anstrebte, entwickelten sich aus Verhandlungen mit dem rotgrünen Senat die „Bürgerverträge“. Die im Juli 2016 von elf der zwölf im Dachverband organisierten Bürgerinitiativen unterschriebenen Verträge folgen primär dem Ansatz „3 mal 300“:
- Bis Ende 2019 sollen die Unterkünfte im Durchschnitt höchstens 300 Plätze haben.
- Alle neu geplanten Unterkünfte werden auf maximal 300 Personen ausgelegt.
- Über ganz Hamburg verteilt kann es bis zu 300 Unterkünfte geben, wenn die Zuwanderungszahlen dies erfordern.
Gleichzeitig wurde die Zahl der in den Expresswohnungen unterzubringenden Flüchtlinge von 25.000 auf 8.000 reduziert – und damit die Zahl der zu schaffenden Wohnungen von 5.600 auf 2.300 in zwölf Projekten. Möglich wurde diese Einigung mit den Bürgerinitiativen durch die seit März 2016 deutlich gesunkenen Flüchtlingszahlen.
ZKF rechnet 2017 mit 7.800 Geflüchteten und Familienangehörigen
Für 2017 rechnet der „Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge“ (ZKF) mit monatlich 400 unterzubringenden Flüchtlingen sowie zusätzlich im gesamten Jahr mit 3.000 im Rahmen des Familiennachzugs Zuziehenden.
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) erwartet, dass in allen zwölf im Bau befindlichen Flüchtlingsunterkünften mit der Perspektive Wohnen bis Jahresende zumindest erste Wohnungen belegt werden können.
FeWa und Saga bauen über 80% des Programms
Bereits teilweise bezogen sind die Projekte am Mittleren Landweg in Billwerder sowie am Elfsaal in Jenfeld. Gemeinsam ist den beiden Projekten, dass der Bauantrag bereits im Dezember 2015 gestellt wurde und der Baubeginn im Februar 2016 (Mittlerer Landweg) und April 2016 (Elfsaal) erfolgte.
Am Mittleren Landweg entsteht mit 756 Wohneinheiten das größte der acht Projekte – und das einzige, das in der ursprünglich geplanten Größe realisiert wird. Bauherr ist die PGH/FeWa, die hier 120 Mio. Euro in 19 verklinkerte Mehrfamilienhäuser investieren. Die PGH/FeWa baut auch am Hörgensweg in Eidelstedt. Zunächst waren 350 Wohneinheiten vorgesehen, doch aus der BSW hieß es, mit Rücksicht auf den Bürgervertrag würden voraussichtlich nur 175 Wohneinheiten für Geflüchtete reserviert. Mit dann 931 Wohnungen baut die PGH/FeWa allein 40% des Programms Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen.
Weitere rund 40% realisiert die Saga, allerdings kleinteiliger. An sechs Standorten – darunter Elfsaal mit 207 Wohnungen – errichtet sie alleine insgesamt 839 Wohnungen sowie im Wohnquartier Haferblöcken am Öjendorfer See in Billstedt 250 Wohneinheiten mit der HANSA Baugenossenschaft und der Baugenossenschaft freier Gewerkschafter (BGFG).
Weitere Bauherren des Programms sind Quantum Immobilien, Othmarscher Höfe GmbH sowie die städtische fördern & wohnen.
Ende März lebten 1.070 Geflüchtete in den 300 bereits von f&w betriebenen Wohnungen am Mittleren Landweg sowie am Elfsaal. Im Herbst sollen die Projekte Ohlendiek/Poppenbütteler Berg in Poppenbüttel (f&w) sowie Duvenacker in Eidelstedt (Saga) fertiggestellt sein.
Aktuell leben 1.070 Geflüchtete in den Expresswohnungen
Alle Bauherren vermieten die Gebäude maximal 15 Jahre an fördern & wohnen (f&w), welche sie als Unterkünfte im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung betreibt. Wenn die Wohnungen nicht mehr vollständig für die Unterbringung von Geflüchteten benötigt werden, sollen freiwerdende Flächen dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen und an andere Bedarfsgruppen sowie Nachfrager vermietet werden. Ziel ist, mittels Durchmischung die Integration zu fördern.
Zur Unterstützung der Integration werden auch Mittel aus dem Rahmenprogramm Integrierte Stadtentwicklung (RISE) in die Quartiere mit Flüchtlingswohnungen gelenkt. So fließen für erste Projekte am Mittleren Landweg 3,7 Mio. Euro, davon 1,1 Mio. Euro RISE-Mittel, in die Modernisierung einer Sportanlage samt Neubau einer Sporthalle sowie die Ausstattung eines Gemeinschaftstreffs. Auch das Kulturheim soll noch 2017 modernisiert und die Erstausstattung eines Jugendclubs finanziert werden. Weitere 1,2 Mio. Euro fließen bis 2023 in die Anstellung eines externen Gebietsentwicklers sowie einen Quartiersbeirat und ein Stadtteilbüro. Auch die Ansiedlung von Nahversorgungseinrichtungen – Bäcker, Supermarkt, Apotheke – soll Unterstützung finden. Immerhin erhöht sich die Einwohnerzahl in dem 131 ha großen RISE-Gebiet Mittlerer Landweg von 650 auf über 3.000 Einwohner.