Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 25. Januar 2017 entschieden, dass beim Erwerb eines Grundstücks die später anfallenden Baukosten in die Berechnung der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, wenn der Erwerber des Grundstücks beim Abschluss des Grundstückkaufvertrags (GKV) hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden ist. – von Jens Scharfenberg, Möhrle Happ Luther
Im Streitfall schlossen die Kläger einen GKV über ein Grundstück ab, welches auf Grundlage eines entsprechenden Bebauungsplans mit einem Reihenhaus bebaut werden sollte. Zwei Monate später erfolgte der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags (BEV) zu den zuvor festgelegten Bedingungen. Daraufhin änderte das Finanzamt (FA) die auf Grundlage des GKV ergangenen Grunderwerbsteuerbescheide. Die festgelegte Bemessungsgrundlage wurde um die Baukosten für das Haus erhöht, da zwischen dem GKV und dem BEV ein derart enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestand, dass der Erwerbsge-genstand ein bebautes Grundstück gewesen sei. Zu dieser Auffassung kamen auch das Finanzgericht (FG) und der BFH, da in dem Streitfall der objektiv sachliche Zusammenhang dadurch gegeben war, dass bei dem grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgang der Erwerber nicht mehr frei war, über das „Ob“ und „Wie“ der Baumaßnahme zu entscheiden.
Streitig blieb der Zeitpunkt des Vorliegens eines einheitlichen Vertragswerks. Das FG vertrat die Auffassung, dass das FA schon mit Abschluss des GKV von einem einheitlichen Vertragswerk ausgehen musste und somit die Bescheide nicht mehr änderbar waren. Dagegen entschied der BFH, dass erst mit Abschluss des BEV ein einheitliches Vertragswerk vorlag. Insbesondere durch die im GKV vereinbarten Schadenersatz-, Rücktritts- und Eintrittsrechte/-pflichten bei Nicht-Abschluss eines BEV konnte das FA nicht von vornherein davon ausgehen, dass auch tatsächlich ein BEV von den Erwerbern des Grundstücks abgeschlossen wird. Der Abschluss des BEV stelle ein rückwirkendes Ereignis dar, so dass die Änderung der Bescheide zulässig war.
Anmerkung: In einem weiteren Urteil vom 8. März 2017 hat der BFH entschieden, dass kein einheitliches Vertragswerk bei wesentlich geändertem Generalübernehmervertrag vorliegt. Dies kann vorliegen, wenn nach Abschluss des GKV Änderungen der Flächengröße und/oder der Baukosten um mehr als 10 % erfolgen. Außerdem kann die Errichtung von zusätzlichen Bauten oder eines für das Bauvorhaben prägenden zusätzlichen Gebäudes eine wesentliche Änderung sein. Liegen wesentliche Änderungen vor, bezieht sich die Berechnung der Grunderwerbsteuer nur auf den Kaufpreis des Grundstücks. Die Thematik des einheitlichen Erwerbsgegenstands muss bei einem möglichen Zusammenhang zwischen GKV und BEV immer im Einzelfall geprüft werden.
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