Das Studentenwohnheim Woodie wird in diesen Wochen bezogen – nach einer Gesamtbauzeit von weniger, als 9 Monaten. Bild Feldhaus

Hamburger Bauordnung: Geschosswohnungsbau in Holzmassivbauweise – Änderung der HBauO wird im Oktober entschieden

Im Oktober entscheidet die Bürgerschaft über die Änderung der Hamburger Bauordnung. Tritt die Novellierung in Kraft, können in Hamburg Wohnhäuser bis zur Hochhausgrenze aus massiven, unverkleideten Holzbausegmenten entstehen. Auch Aufstockungen werden durch vorgefertigte Holzmodule erleichtert und beschleunigt. Nach Baden-Württemberg ist Hamburg erst das zweite Bundesland, das die Nutzung brennbarer Baustoffe unverkleidet für Decken, Wände und Stützen in Gebäuden mit einer Fußbodenhöhe im obersten Geschoss von 22 m erlaubt (Gebäudeklasse 5). Bis dato darf in Gebäudeklasse 4 (bis 13 m Fußbodenhöhe) mit Holz gebaut werden, wenn das Holz mit Rigips oder Fermacell feuerfest verkleidet ist.

Wegbereiter in Wilhelmsburg

„Die Technologie des Holzbaus hat sich weiterentwickelt“, verweist Werner Koch, Amt Bauordnung und Hochbau der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, auf die Entwicklung von Holzbauteilen aus Brettschichtholz. „Wir wollen der Immobilienwirtschaft damit auch ein Angebot machen.“ Wegbereiter des Wohnungsbaus aus massiven Holzbausegmenten stehen in Wilhelmsburg. Die puristische Variante ist der Woodcube auf dem Ausstellungsgelände der Internationalen Bauausstellung (IBA). Das 2013 von Deepgreen Development um einen Treppenhauskern aus Beton entwickelte Holz-Haus hat eine Fassade aus unverleimten Brettschichten, die samt einer dämmenden Holzweichfaserplatte von Buchenholzschrauben zusammengehalten werden.

Feuerwiderstand: 180 Minuten

Die so entstehenden 32 cm dicken Holzwände bieten einen Feuerwiderstand von F 180 (180 Minuten Brandwiderstandsdauer bei 1000 Grad Dauerbeflammung) – ein drei- bis fünfmal längerer Feuerwiderstand, als bei Ziegel- oder Betonkonstruktionen. Zudem ermöglichen die massiven Holzfassaden, -wände und -decken energetisch den KfW-40-Standard. Die Vorfertigung erlaubte, das fünfgeschossige Gebäude binnen zwei Wochen aufzubauen.

Spielraum für gesunde Baustoffe

„Das Woodcube schafft durch die sehr kurze Bauzeit finanzielle Spielräume für hochwertige und gesunde Materialien“, erklärte Projektentwickler Henning Laubinger, Deutsche Immobilien, im Rahmen eines Healthy-Building-Kongresses in Hamburg. „Das ist ein sensationelles Beispiel für smarte Technik – anders etwa als der Dämmirrsinn mit 30 cm Styropor.“ „Natürlich erweitert die Novellierung die Möglichkeiten, durch serielle Vorfertigung schneller bauen zu können“, unterstreicht Koch die Hoffnung des rotgrünen Senats in Hamburg, das Ziel von 10.000 neuen Wohnungen jährlich rascher zu erreichen.

Woodie entsteht als Hybrid

Beispiel ist schräg gegenüber dem Woodcube das Woodie. Das Studentenwohnheim mit 371 Apartments wird für knapp 40 Mio. Euro von Primus Developments und Senectus Capital entwickelt. Im März wurde mit dem Bau begonnen – aktuell ziehen die ersten Kommilitonen ein. Je eines der 20 m2 großen Apartments wurde als Modul aus Brettschichtholz von Kaufmann Bausysteme aus dem österreichischen Vorarlberg bezugsfertig – Bett, Bad, Einbauschränke, Schreibtisch, Küchenzeile – per Lkw auf die Baustelle geliefert.

Vollholzmodule ab 1.500 Euro/m2

Die Module werden bis zu sechsgeschossig auf dem tragenden Betonsockel gestapelt, an die Versorgungsleitungen angeschlossen und können bezogen werden. Nach Zahlen von Primus Developments liegen die Kosten für die Baukostengruppen 300, 400 und 500 (DIN 276-1) bei 1.500 Euro/m2 netto mit Möblierung. „Der Vorteil der Vorfertigung lässt sich jedoch nur bedingt mit individuellen Wünschen verbinden, etwa nach anderen Bädern“, so Achim Nagel, Primus Developments.

Holzbau ermöglicht mehr Aufstockungen

Seine Vorteile kann die serielle Vorfertigung von Holzmodulen auch im Bereich der Aufstockung ausspielen. „Holzbau macht Aufstockung durch das leichte Gewicht in vielen Fällen statisch überhaupt erst möglich“, erklärt Werner. Und Henning Klattenhoff, Teamleiter Tragwerksplanung bei Assmann Beraten und Planen, ergänzt: „Das Aufstockungspotenzial in Deutschland könnten wir ohne Holzbau bei Weitem nicht ausschöpfen. Holzbau eignet sich besonders für enge Innenstadtstraßen. Es kann sehr schnell gebaut werden – mit einer hohen Genauigkeit und wenig Emissionen.“

Vorreiter für den Geschosswohnungsbau aus Holz ist das 2013 errichtete Woodcube auf dem IBA-Areal. Bild: Feldhaus

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