Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 4. April 2016 entschieden, dass die Veräußerung einer an ein Kind überlassenen Wohnung nur steuerfrei bleibt, wenn die veräußerte Immobilie während des gesamten maßgebenden Zeitraums durch ein steuerlich zu berücksichtigendes Kind zu dessen Wohnzwecken genutzt wird.
Im Streitfall überließen die Kläger ihrer studierenden Tochter unentgeltlich eine Eigentumswohnung, die von den Klägern im April 2008 erworben worden war. Vor Beendigung des Studiums überschritt die Tochter die einkommensteuerlich relevante Altersgrenze von 25 Jahren und war somit steuerlich nicht mehr als Kind zu berücksichtigten. Der Verkauf der besagten Eigentumswohnung erfolgte nach Abschluss des Studiums im Januar 2012. Das Finanzamt stufte den Veräußerungsgewinn als steuerpflichtig ein, wogegen sich die Klage vor dem Finanzgericht richtet.
Grundsätzlich liegen (steuerpflichtige) private Veräußerungsgeschäfte bei Immobilien vor, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung maximal zehn Jahre beträgt. Eine Ausnahme von der Steuerpflicht liegt bei Wirtschaftsgütern vor, die während des gesamten Zeitraums zwischen der Anschaffung bzw. Fertigstellung und der Veräußerung oder im Veräußerungsjahr sowie in den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
Die Auslegung der Formulierung „zu eigenen Wohnzwecken“ basiert auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Bewohnt der Eigentümer seine Wohnung nicht selbst, kann eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken alternativ nur angenommen werden, wenn die Wohnung einem Kind i. S. d. § 32 Abs. 1 bis 5 EStG überlassen wird.
Im vorliegenden Sachverhalt wurden die Voraussetzungen nicht erfüllt, da die Tochter im April 2011 das 25. Lebensjahr vollendete und somit ab diesem Zeitpunkt bei den Klägern einkommensteuerrechtlich nicht mehr als Kind zu berücksichtigen war. Die Ausnahmeregelung von der Steuerpflicht war nicht anwendbar, da die Wohnung weder im gesamten Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung noch im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich durch ein Kind zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Auch das Bestehen einer zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber der Tochter reichte für die Annahme einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht aus.
von Jens Scharfenberg, MÖHRLE HAPP LUTHER
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