Frei finanzierte Mietwohnungen in Hamburg haben sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich verteuert. Normalverdiener, deren Gehalt knapp über den Einkommensgrenzen für den 2. Förderweg liegt, haben Schwierigkeiten, modernen Wohnraum in guter Lage zu finanzieren. Mit dem Programm „Hamburger Effizienzwohnungsbau“ soll es nun frei finanzierte Neubauwohnungen für 8-9 Euro/m2 geben, die ohne Einkommensgrenzen an den Markt gehen.
Bis Ende der Legislaturperiode sollen jährlich 10.000 Wohnungen genehmigt werden, davon 3.000 öffentlich geförderte Wohneinheiten und hiervon wiederum 1.200 im 2. Förderweg mit einer Anfangsmiete von 8,40 Euro/m2. Da jedoch inzwischen das Gros der Neubauwohnungen für 11 bis 15 Euro/m2 angeboten wird, tut sich hier für mittelständische Familien eine erhebliche Finanzierungslücke auf, wenn sie knapp über den Einkommensgrenzen zum 2. Förderweg liegen (s. Tabelle unten). Der 2. Förderweg war 2012 eingeführt worden, um eben diese Lücke zu schließen – doch durch die Entwicklung der Mieten gelingt dies nur zum Teil. Auch für 2016 erwartet das Institut empirica für ganz Hamburg um 3% steigende Mieten für gut ausgestattete, 60 bis 80 m2 großen Wohnungen aller Altersklassen.
Kostensparendes Bauen
„Aktuell steht eher das Thema kostensparendes Bauen im Vordergrund“, erklärt eine Mitarbeiterin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW). „Das ist nachhaltiger, als die Förderung den steigenden Mieten anzupassen.“
Der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) hat nun für die Projektgebiete Bramfelder Dorfgraben im Bezirk Wandsbek sowie Vogelkamp in Neugraben frei finanzierte Mietwohnungen mit einer Nettokaltmiete von 8 Euro/m2 ausgeschrieben.
Parallel hat die rot-grüne Koalition einen Antrag zum „Hamburger Effizienzwohnungsbau“ in die Bürgerschaft eingebracht, der wohl am 15. Juni behandelt wird. Das Programm soll den Bau frei finanzierter Wohnungen ermöglichen, die Mieten von 8 bis 9 Euro/m2 erlauben. Städtische Grundstücke sollen für dieses Konzept ausgewiesen werden, wobei sich Investoren dann für 15 Jahre auf die Bedingungen des Effizienzwohnungsbauprogramms verpflichten müssten. Aber auch im frei finanzierten Wohnungsbau könnten Projektentwickler verpflichtet werden, eine Quote Effizienzwohnungen zu bauen.
Da die Anmietung nicht an Einkommensgrenzen gebunden ist, könnten sich diese auch Normalverdiener leisten, deren Verdienst über dem für den 2. Förderweg liegt.
Preisgedämpfte Wohnungen
Eine ähnliche Zielrichtung verfolgt das Konzept der „preisgedämpften Miete“ in der Hafencity. Hier werden öffentlich geförderte Wohnungen erst in jüngerer Zeit angeboten und die Lücke zum frei finanzierten Wohnungsbau ist sehr groß. Hier kosten Neubaumietwohnungen im Erstbezug mindestens 14 Euro/m2. Daher enthalten viele Ausschreibungen – etwa für den Strandkai – nun die Option einer preisgedämpften Miete bis 12 Euro/m2. Die Pflichtquote öffentlich geförderter Wohnungen bleibt vom Anteil preisgedämpfter Wohnungen unberührt, doch erhöht die Bereitschaft des Projektentwicklers, 10 bis 30% der Wohnungen preisgedämpft zu errichten, die Chancen bei der Ausschreibung.
Dass mittelständische Familien Bedarf an gefördertem Wohnraum haben, kann Nadine Wilhelmi bestätigen, die bei Wentzel Dr. in der Vermietung von Neubauwohnungen tätig ist. „Die Nachfrage übersteigt die Zahl der angebotenen Wohnungen bei weitem.“ So vermietet Wentzel Dr. beim Projekt Südsiet am Holsteinischen Kamp 22 der 90 Wohnungen im 2. Förderweg und am Nagelsweg 24 alle 91 Wohnungen im 1. Förderweg.
Fingerspitzengefühl bei der Vermietung
Bei der Vermietung ist Fingerspitzengefühl gefragt – etwa bei Projekt Südsiet in Barmbek-Süd. „Voraussetzung ist natürlich ein Wohnberechtigungsschein“, erklärt Wilhelmi. „Mit Blick auf die benachbarten frei finanzierten und damit deutlich teureren Wohnungen, achten wir darauf, dass kein zu großes soziales und kulturelles Gefälle entsteht. Idealerweise verdienen bei Familien beide Elternteile. Auch eine problemlose Verständigung auf Deutsch ist wichtig.“
Bei der Erteilung eines sogenannten B-Scheins beweisen nach der Erfahrung von Wilhelmi aber auch die Sachbearbeiter in den Behörden immer mal wieder Fingerspitzengefühl. „Unlängst hatten wir eine dreiköpfige Familie, in der die Frau als Filialleiterin 1.900 Euro netto verdiente und der Mann als angestellter Versicherungskaufmann 1.600 Euro.“ Sie erhielten einen B-Schein, da ein zweites Kind unterwegs war, eine größere Wohnung gebraucht wurde und durch die Elternzeit der Frau mit Einkommenseinbußen zu rechnen war.
