Der Zinshausmarkt zeigt sich auch der Corona-Unterbrechung stabil. Es gibt grundsätzlich keine Rückgänge bei Nachfrage und Preisen. Große Gewerbeeinheiten wirken jedoch eher preisdämpfend. Besonders gefragt sind Rahlstedt und Eimsbüttel.
Seit 2015 folgt am Hamburger Zinshausmarkt auf einen Rekordumsatz der nächste. Auch die 1,93 Mrd. Euro Umsatz im vergangenen Jahr bedeuten ein Allzeithoch. So hat sich der Umsatz mit Zinshäusern in den letzten fünf Jahren um knapp 60% erhöht, seit 2010 verdoppelt und seit der Jahrtausendwende vervierfacht.
2020 weniger Umsatz, aber anhaltendes Interesse
Mit dieser Umsatzrallye ist es 2020 zunächst vorbei. Das liegt jedoch nicht an der zurückgehenden Nachfrage. „Das Interesse an Zinshäusern in Hamburg ist ungebrochen“, erklärt Winfried Lux, seit Januar 2020 Leiter des Bereichs institutionelles Investment bei Wentzel Dr. „Wir sehen weder Notverkäufe, noch preisliche Einbrüche.“ Allerdings wurden Besichtigungen, Verhandlungen und Geschäftsabschlüsse während der Corona-Pause verschoben und aufgrund der Bedeutung nur selten online vollzogen. Und der in dieser fast vierteljährlichen Unterbrechung ausgefallene Umsatz lässt sich im Rest des Jahres nicht mehr aufholen.
Gleichwohl hat der Wohnungsmarkt durch die Ungewissheiten im gewerblichen Segment – Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie, Büro – noch an Bedeutung gewonnen. „Preisdämpfend wirkt beim Zinshausverkauf ein höherer Gewerbeanteil“, erläutert Lux. „Diese Bewertung wurde durch Corona allerdings nur verstärkt, nicht ausgelöst.“ Daher sind die aus den Zahlen der Gutachterausschüsse ablesbaren Trends für den Zinshausmarkt 2019 nach wie vor gültig.
Die jährlich steigenden Preise und Kaufpreisfaktoren sowie der anziehende Neubau haben dafür gesorgt, dass es auch mit der Zahl der Abschlüsse in den letzten fünf Jahren stetig bergauf ging. Mit 506 Transaktionen liegt 2019 deutlich über dem zehnjährigen Durchschnitt von 437 Abschlüssen. Doch die Umsatzrekorde der letzten Jahre gründen nicht auf dem Mehr an Deals, wie der Umsatz je Transaktion belegt. Der stieg von 1,93 Mio. Euro im Jahr 2010 auf 3,82 Mio. Euro im vergangenen Jahr – ebenfalls eine Verdopplung.
Deutlich steigende Preise in mäßigen und bevorzugten Lagen
Der für weite Teile Hamburgs geltende Nachfrageüberhang sowohl seitens der Mieter wie auch seitens der Zinshausinvestoren hat nicht nur im vergangenen Jahr zu einem starken Interesse und damit auch starkem Preisanstieg vor allem in den mäßigen Lagen – der zweitschwächsten der vom Gutachterausschuss unterschiedenen fünf Lagen – sowie in den bevorzugten Lagen geführt.
Die Durchschnittspreise stiegen in mäßigen Lagen gegenüber 2018 um fast ein Drittel auf 3.143 Euro/m2. Für Zinshäuser in bevorzugten Lagen ging es um knapp ein Viertel auf 6.333 Euro/m2. Auch im Zehnjahresvergleich liegen die mäßigen Lagen mit einem Preisplus von beeindruckenden 155% vorn – gefolgt von mittleren (um 140% auf 3.244 Euro/m2) und guten Lagen (120%/4.205 Euro/m2). Der Durchschnittspreis über alle Lagen stieg 2019 ebenfalls um knapp ein Viertel und liegt bei 3.733 Euro/m2.
Die Verkaufsfaktoren – der den Preis bildende Vervielfältiger der Jahresnettokaltmieten – spiegeln die Entwicklung der Preise nicht 1:1. Den auch relativ größten Sprung gegenüber 2018 machen mit 4,1 zusätzlichen Jahresnettokaltmieten (12,7%) die bevorzugten Lagen, gefolgt von den schlechten Lagen mit einem Zuwachs von 2,5 Jahresnettokaltmieten (12,6%). Die relative Spanne zwischen diesen Lagepolen ist jedoch seit 2010 deutlich geschrumpft. Schlechte Lagen konnten preislich im Mittel um knapp 10 Vervielfältiger auf Faktor 22,3 zulegen, bevorzugte Lagen um gut 11 Jahresmieten auf Faktor 36,3.
Dass auch schlechte Lagen im Mittel deutlich über Faktor 20 liegen, hätte vor wenigen Jahren kaum jemand erwartet. Der Mittelwert aller Lagen liegt inzwischen bei Faktor 27,8. „Anleger sind bereit, in schwächeren Lagen höhere Faktoren zu akzeptieren, weil sie auf steigende Mieten setzen“, erläutert Peter Börke, Prokurist Anlageimmobilien/Investment bei Wentzel Dr. „Viele Mieter weichen bei der Wohnungssuche in Stadtteile aus, die zwar gut mit U- oder S-Bahn angebunden sind, aber noch deutlich niedrigere Mieten bieten, als zentrale oder Trendlagen.“
Rahlstedt vor Eimsbüttel
Der Blick auf die von Zinshausinvestoren favorisierten Stadtteile bestätigt die Mischung von schwächeren und guten Lagen. Im Stadtteil-Ranking 2019 liegt Rahlstedt (27 Transaktionen), vor Eimsbüttel (23) und Winterhude (21), gefolgt von Harburg (20) und Blankenese (18). Mit Blick auf letzten zehn Jahre liegt Harburg (201) knapp vor Eimsbüttel (200), Winterhude (151) und Rahlstedt (138).
Jenseits des Gründerzeitgürtels um die Innenstadt richtet sich das Interesse auf den Osten (Rahlstedt, Bramfeld), den Nordwesten (Niendorf, Langenhorn) und den Süderelberaum (Harburg, Eißendorf, Heimfeld).
„Sofern es zu keiner zweiten Corona-Welle kommt, erwarten wir in der zweiten Jahreshälfte bei reinen Zinshäusern Nachfrage und Umsatz auf Vor-Corona-Niveau“, stellt Börke in Aussicht. „Die niedrigen Zinsen bleiben der Treiber beim Kauf.“