Am 23. Februar wird in Hamburg gewählt. Vor dem Hintergrund bundesweiter Debatten um Mietendeckel oder die Enteignung großer Wohnungsunternehmen bekommt die Bürgerschaftswahl für die Immobilienwirtschaft eine ganz besondere Bedeutung. Zwar werden in Hamburg mehr Wohnungen, als in anderen Metropolen gebaut, doch auch hier ist jüngst eine Volksinitiative für niedrige Mieten angetreten.
„Wir brauchen Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen“, unterstrich CDU-Spitzenkandidat Marcus Weinberg im Oktober zum Auftakt des CDU-Wahlkampfes zur Bürgerschaftswahl. In einer Diskussionsrunde der Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft (hbaw) im Januar betonte Weinberg, es würden „zwar schon viele Wohnungen gebaut, aber noch nicht genug“. Er räumte ein, der bis 2011 CDU-geführte Senat habe in punkto Wohnungsbau „zu wenig gemacht“.
FDP will Wohnkosten-TÜV
Aus Weinbergs Perspektive, die diesbezüglich von der FDP geteilt wird, sollen mehr Hamburger Wohneigentum erwerben. Um die Eigentumsquote von derzeit 24% anzuheben, will er das vom aktuellen Senat gestoppte Programm „Endlich meins“ wiederbeleben.
Michael Kruse, dessen FDP um den Einzug in die Bürgerschaft fürchten muss, möchte „schneller, leichter und günstiger bauen“, dazu den Bauwilligen einen städtischen Ansprechpartner für alle Fragen geben sowie von Auflagen in den Bereichen Brandschutz, Barrierefreiheit oder Energieeinsparung entlasten. „Wir wollen für die Abschätzung der Folgekosten aktueller und künftiger Regulierungen einen Wohnkosten-TÜV einführen.“
SPD: künftig 4.000 mietpreisgebundene Neubauwohnungen jährlich
Einigermaßen entspannt beim Thema Wohnungsbau zeigt sich Dirk Kienscherf in der Runde. „Wir wollen unsere Arbeit im Bündnis für das Wohnen fortsetzen“, erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende. Das Bündnis für das Wohnen sei eine deutschlandweit anerkannte „Erfolgsstory“. Kienscherf verweist auf die seit 2011 genehmigten 96.000 und fertiggestellten 65.000 Wohnungen. Dazu zählten knapp 25.000 bewilligte und gut 18.000 realisierte Sozialwohnungen. Im Paket mit den nun „Hamburg-Wohnungen“ genannten 8-Euro-Wohnungen – frei finanziert, aber mit Mietendeckel – sollen künftig 4.000 mietpreisgebundene Neubauwohnungen jährlich genehmigt werden.
Der Mittelwert des im November präsentierten Mietenspiegels weist für Hamburg eine Mietsteigerung von 2,6% zwischen 2017 und 2019 aus, ein Wert der unter dem Anstieg der Verbraucherpreise für diese Frist liegt. Nach einer Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW Köln) sind die Neuvermietungsmieten in Hamburg 2014 bis 2018 um 3,3% gestiegen, die Bruttolöhne um 8,7%.
Grüne: Mehr Wohnungen durch gemeinwohlorientierte Unternehmen
Kienscherfs Kollege Anjes Tjarks, grüner Fraktionsvorsitzender, will in einem „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ stärker die Bevölkerung einbinden und besonders den Wohnungsbau durch gemeinwohlorientierte Unternehmen und Institutionen fördern. Mit einem 3-Stufen-Modell soll der Drittelmix ausdifferenziert werden. In Trendviertel soll es künftig 50% Sozialwohnungen geben, in den anliegenden Quartieren 40%. Dafür können Bezirke in eher sozial schwachen Gebieten entscheiden, ob überhaupt geförderte Wohnungen sinnvoll sind.
Etwas Schwierigkeiten hat Tjarks, zu erklären, warum die Grünen eine zweite städtische Wohnungsgesellschaft wollen. „Die Saga will Quartiere mit geförderten Wohnungen bauen, nicht innerstädtische Baulücken schließen“, so der Grüne. „Auch für den Mittelstand, der nicht B-scheinberechtigt ist, aber 15 Euro/m2 nicht bezahlen kann, brauchen wir mehr Wohnungen. An diesem Bedarf bauen wir vorbei.“ Zudem habe die Saga mit den aktuell jährlich projektierten 2.000 Wohnungen ihre finanzielle Leistungsfähigkeit erreicht.
Linke: „Wir stellen die Eigentumsfrage“
Für die Linken seien die Themen der sozialen Ungleichheit nicht mit marktwirtschaftlichen Instrumenten zu lösen, hatte Landessprecher David Stoop zum Wahlkampfstart im Oktober gesagt. „Wir stellen die Eigentumsfrage, und wir stellen sie offensiv.“ Ganz so offensiv zeigt sich Stadtentwicklungssprecherin Heike Sudmann in der Runde nicht. „Wir wollen, dass Saga und Genossenschaften bauen, seriöse Wohnungsunternehmen.“
An diese Wohnungsunternehmen sollen laut dem Hamburger Parteiprogramm die durch die „Vergesellschaftung profitorientierter Wohnungskonzerne … mit dem Gebaren von Vonovia, Akelius & Co.“ sozialisierten Wohnungen überführt werden. Zudem ist ein fünfjähriger Mietendeckel für alle Bestandswohnungen vorgesehen sowie eine Novellierung des Mietenspiegels. Der soll sich künftig an den Bestandsmieten, Mieterhöhungen und Neuvermietungen der letzten 20 (zwanzig) Jahre orientieren.
Fairmieter-Steuerbonus bei Verzicht auf Mieterhöhungen
Aber auch die eher bürgerliche Hamburger SPD und die pragmatischen Grünen haben Pläne zum Mieterschutz. Beide wollen die Kappungsgrenze auf 10% senken, also die Erhöhung der Miete binnen drei Jahren bis zum jeweils zulässigen Wert des Mietenspiegels. Beide setzen ebenso auf die Ausweisung weiterer Gebiete der Sozialen Erhaltungsverordnung sowie auf die Anwendung von Vorkaufsrechten.
Die Möglichkeit des Vorkaufsrechts wollen die Grünen vom einzelnen Mieter auf Genossenschaften, dei von Mietern gebildte werden, und Mieter GmbH erweitern. Mit einem gestaffelten steuerlichen Bonus-System möchten die Grünen „Fairmieter“-Vermieter belohnen, die mindestens fünf Jahre auf Mieterhöhungen verzichten oder Modernisierungen nicht auf die Miete umlegen.
CDU und FDP wollen Stellplatzpflicht wieder einführen
Zu den Regulierungen, von denen FDP-Kruse erwartet, dass sie beim Wohnkosten-TÜV durchfallen, zählt er die Soziale Erhaltungsverordnung oder die Mietpreisbremse – die von rotgrün nicht mehr groß thematisiert wird. Die FDP möchte eher eine Subjekt- statt der gängigen Objektförderung – und zudem eine regelmäßige Überprüfung der Berechtigung zur Nutzung öffentlich geförderten Wohnraums. Und FDP und CDU sind sich einig – was der Wohnungswirtschaft wohl nur bedingt gefallen wird – die Stellplatzpflicht beim Wohnungsbau wieder einzuführen.