Anfang Januar sollen zwei Volksinitiativen zum Wohnungsmarkt an den Start gehen. Zwei Mietervereine wollen darüber abstimmen lassen, ob städtische Flächen ausschließlich im Erbbaurecht vergeben werden und die darauf entstehenden Wohnungen ebenso ausschließlich auf Sozialwohnungsniveau vermietet werden. Wohnungsverbände warnen vor Ghettos und schrumpfendem Wohnungsbau.
Noch vor der Bürgerschaftswahl am 23. Februar wollen die Initiatoren der beiden Volksinitiativen zum Wohnungsmarkt die jeweils nötigen 10.000 Unterschriften sammeln, die es erlauben, die Themen verbindlich in der Bürgerschaft behandeln zu lassen. Übernimmt die Bürgerschaft das Anliegen nicht binnen vier Monaten, können die Initiatoren ein Volksbegehren einreichen, dass zu einem Volksentscheid führen kann.
Nur 20% der seit 2011 entstandenen Wohnfläche ist gefördert
Die Initiative „Boden und Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten“ soll erreichen, dass die Stadt Hamburg keinen städtischen Boden mehr verkauft. Flächen der Stadt sollen ausschließlich im Erbbaurecht vergeben werden. Ausnahmen müsste die Bürgerschaft zustimmen.
Die zweite Initiative „Neubaumieten auf städtischem Grund – für immer günstig!“ will erreichen, dass auf diesen Erbbauflächen Wohnungen entstehen, die ausschließlich zu einer Miete vergeben werden, die dem Niveau des 1. Förderwegs im öffentlich geförderten Wohnungsbau entspricht – 2020 ist das eine Eingangsmiete von 6,70 Euro/m2. Mieterhöhungen sollen nur bis zum Inflationsausgleich möglich sein, maximal jedoch um 2% jährlich. Nur 14.000 der 56.000 seit 2011 entstandenen Wohnungen seien Sozialwohnungen des 1. Förderwegs – 25%. Gar nur ein Fünftel seien es auf die Wohnfläche bezogen.
Ghettos und 10.000 Neubauwohnungen der Genossenschaften weniger
Sönke Struck, Vorstandsvorsitzender des BFW Nord, warnt vor der Entstehung von Ghettos. Oberbillwerder mit geplanten 7.000 Wohnungen würde „das größte Problemviertel, das die Stadt jemals hatte“. Zudem sei der Wohnungsbau ohne Förderung zu diesen Konditionen nicht realisierbar.
Bis zu 10.000 Neubauwohnungen weniger erwartet Andreas Breitner, Direktor des VNW, allein bei den Hamburger Wohnungsgenossenschaften. „Banken und Sparkassen beleihen zwar auch Erbbaurechtsverträge, sehen darin aber höhere Risiken und vergeben – gegenüber dem Kauf – Kredite zu schlechteren Konditionen.“ So verdoppele sich bei einem Neubauprojekt die Eigenkapitalquote von 20% auf 40%. Erhöhe sich das nötige Eigenkapital um 100%, halbiere sich die Zahl der finanzierbaren Wohnungen.
Dirk Kienscherf, SPD-Fraktionschef, erklärt zwar, es sei „gut, wenn die Mietervereine Vorschläge in die öffentliche Debatte bringen“, verweist auf die von der SPD geplante Erhöhung des Sozialwohnungsbaus von 3.000 auf 4.000 Wohnungen und die Bürgerschaftsentscheidung für die Ausweitung des Erbbaurechts kurz vor Weihnachten – betont aber, es sei „wichtig, dass es auch weiterhin einen Mix gibt“.
Sozialistisches Teufelszeug
Noch deutlicher wird Olaf Duge, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Erbbaurecht mit Ausnahmen, ja, aber keine 100% geförderten Wohnungsbau. „Das ist ein Rückfall in der 1970er Jahre.“ Doch der Grüne will auf städtischen Flächen nur gemeinwohlorientierte Investoren zulassen, die „aber nicht zwingend nur gefördert bauen“. Duge strebt einen Sockel von 100.000 Sozialwohnungen an. „Das ist im Erbbaurecht ohne Begrenzung der Bindungsdauer möglich.“ Aktuell sind es gut 80.000.
Unmissverständlich äußert sich Jörg Hamann, Wohnungssprecher der CDU, gegenüber der Immobilien Zeitung: „Das wird von uns natürlich abgelehnt. Sozialistisches Teufelszeug und Unsinn.“